22. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Markus (7,1-8.14-15.21-23):
Ab und zu kommt mir der Gedanke: Jesus ist eigentlich ein guter Psychologe. Er kennt die Menschen und durchschaut sie. Er sieht ihr äußerliches Handeln, aber sieht auch, was dahinter steckt, welche ihre wahren Motive und Absichten sind.
So sind wir Menschen nun einmal: Nach außen wollen wir einen guten Eindruck machen, wir möchten dass die anderen uns als anständig, korrekt, vornehm, ernsthaft, vertrauenswürdig einschätzen. Herr und Frau Saubermann! Sind wir aber, was wir vorgeben zu sein? Das ist das Problem, das Jesus hier heute anspricht.
Die Pharisäer haben ein Ansehen, werden von den Leuten respektiert, bewundert, als eine Autorität betrachtet, weil sie sich genau an die religiösen Vorschriften und Gesetze halten. Also „fromm“ sind. Aber Jesus schaut hinter die Fassade: Ihre „Heiligkeit“ ist nur Schein, „scheinheilig“. Was sie wirklich denken und fühlen stimmt nicht mit ihren äußeren Handlungen überein. Ihr Herz spielt nicht mit. In ihrem Herzen, in ihrem Inneren, schaut es ganz anders aus.
Und wie schaut es wirklich im Herzen von uns Menschen aus? Jesus hält uns einen Spiegel vor. Wozu allem wir nicht fähig sind! Dabei wird es einem fast schlecht: Böse Gedanken - obwohl wir anderen lächelnd begegnen, wünschen wir ihnen innerlich Böses zu; Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, sind äußere Taten, die aber schon lange vorher in unserem Inneren stattgefunden haben; Habgier - innerlich sind wir nur darauf aus zu besitzen, immer mehr zu haben, und gehen dafür über Leichen; Menschen sind oft hinterlistig: heimlich bestrebt, jemandem zu schaden, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen; Neid, über andere lästern, sich innerlich besser vorkommen als sie.... Ein ganzer Katalog von inneren Einstellungen - Dingen, die sich im Herzen abspielen, und die andere dann schädigen und vieles kaputt machen. Und wer von uns kann in aller Ehrlichkeit behaupten, dass ähnliche Einstellungen nicht gelegentlich oder sogar oft, in unserem Innern anwesend sind? Beten wir nicht in jedem Vater Unser: „Erlöse uns von dem Bösen“?
Jesus zitiert dann aus dem Buch des Propheten Jesaja, wo Gott sagt: "Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir." Überlegen wir einmal: Wo sind wir mit unserem Herzen, wenn wir Eucharistie feiern? Sind wir uns wirklich dessen bewusst, was wir da alles sagen, beten, singen? Meinen wir das wirklich, wenn wir auf die Einladung „Erhebet die Herzen“ antworten: „Wir haben sie beim Herrn“? Versuchen wir in der Messfeier wirklich auf Gott zuzugehen, ihm näherzukommen, mit wirklicher Ernsthaftigkeit? Oder sagen wir da nur viele Worte, ehren ihn nur mit den Lippen?
Im Herzen beginnt das Böse, das uns voneinander und deswegen auch von Gott trennt. Deswegen sagt Jesus auch in seiner Bergpredigt: „Selig, die ein reines Herz haben“, die eine gute, richtige innere Einstellung haben.
Und wann haben wir ein reines Herz? Augustinus hat im 5. Jh. schon gesagt: „Liebe, und tue dann, was du willst.“ Unsere Worte und Taten sollen immer Ausdruck unserer Liebe sein. Und deswegen sagt auch Paulus in seinem Korintherbrief: „Wenn ich die Liebe nicht habe... ist alles viel Lärm um Nichts.“ Wenn ich wirklich liebe, prahle ich nicht, blähe ich mich nicht auf, suche ich nicht meinen Vorteil auf Kosten anderer, bin ich nicht nachtragend, freue ich mich nicht über Unrecht, das anderen geschieht, bin ich nicht schadenfroh...
Was Jesus uns sagen will ist klar: Äußeres und Inneres sollen übereinstimmen. Und die Frage bleibt: Was lebt in mir? Jesus will nicht irgendwas von uns, sondern unser Herz. Im gesellschaftlichen und im persönlichen Glaubensleben, brauchen wir Gesetze, Vorschriften, Gepflogenheiten, an denen wir uns orientieren können. Aber das müssen wir dann auch „von ganzem Herzen“ tun.